Judith Dirks
Judith Dirks

Zwischen Wahrheit und Wahrnehmung

Die Digitalisierung hat unsere Wahrnehmung und unser Denken längst beeinflusst. Jeder hat heute die Möglichkeit, sich der digitalen Technik zu bedienen und sieht die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der Bildbearbeitung als technische Erleichterung.

 

Oft vergessen wir als Benutzer und Betrachter, dass es sich hier um eine Illusion handelt. Denn das abgelichtete Bild kann nur einen Teil der von uns wahrgenommenen Realität wiedergeben.

 

Das Gesehene wird in einzelne Lichtpunkte aufgelöst. Kleinste Einheit sind die Pixel: Bildpunkte der Rastergrafik. Doch der Punkt, als Urelement der Darstellung, ist als solcher eher bedeutungslos. Erst die Häufung erlaubt bei zunehmender Dichte eine Wahrnehmung bzw. Deutung.

 

Hier gibt es keine Anhaltspunkte oder Bildtitel, die dem Betrachter Aufklärung geben könnten. Die dargestellten Szenen erscheinen zunächst reduziert und passiv. Nur das Nötigste wird sichtbar gemacht, um Raum zu geben für Projektionen und Assoziationen.

 

Doch plötzlich beginnt das Unbestimmte zu erzählen, Stillstand gerät in Bewegung: äußerlich wie innerlich. Der Betrachter taucht ein in eine Illusion, die zu seiner eigenen Realität werden kann.

 

 

Zur Ausschreibung des Vestischen Künstlerbundes Recklinghausen

 

Hände sind sicherlich ein archetypisches Symbol der Menschheit. Die ersten Bildbeispiele einfacher Handdarstellungen finden sich bereits in Höhlenmalereien wieder. Diese ca. 30000 Jahre alten Zeichnungen erscheinen mir als eine Signatur unbekannter Künstler. Sie zogen umher, waren nie lange an einem Ort. Doch mit ihren schematischen Handabdrücken zeigen sie der Nachwelt: Ich war hier!

 

Dieser Wunsch nach Verewigung ist nach wie vor ungebrochen - alle wollen wir Spuren hinterlassen. Unsere Hände und Füsse sind für uns von größter Bedeutung. Die haptische Erforschung unserer Umwelt ist ein ganz wichtiges Element unserer Entwicklung und Wahrnehmung.

 

Unsere Füsse geben uns Halt, ermöglichen unsere persönliche Fortbe-wegung, sind Fundament und lassen uns vorwärts kommen. Durchschreiten wir einen Raum, benötigen wir alle Dimmensionen unserer Wahrnehmung. Nur duch das Zusammenspiel der visuellen, räumlichen und haptischen Erfahrung sind wir in der Lage zu begreifen. Wenn ich begreife, dann verstehe ich, kann Neues entdecken und meinen Standpunkt verlassen.

 

Gerade als Künstlerin möchte ich mich zwischen Welten bewegen. Die Bewegung im Geist und im Handeln erlaubt mir einen künstlichen Raum zu schaffen, in dem Greifbares und Gangbares in ein anderes Licht gerückt werden.

 

Neben der reinen Funktionalität der Hand, kann sie auch zum Kommunikationsmittel werden und uns Botschaften übermitteln. Durch sie erfährt man Sicherheit, Geborgenheit. Hände schaffen, geben, segnen. Hände halten fest und lassen los. Sie können helfen und zerstören. Hände können Augen werden. Hinter all diesem Wirken steckt auch eine metaphorische Handlungsweise. Denn letztendlich symbolisieren die Hände unser Dasein.

 

Textquelle:   Gedanken von Judith Dirks,  Preis des Vestischen Künstlerbundes 2011

 

 

 

Segmentierungen

 

"Jede Kamera schneidet Segmente aus der Wirklichkeit, sei das Ergebnis später ein Bild oder ein Film...  so richtet die Künstlerin Judith Dirks (Videoinstallation) den Fokus auf Hand und Fuss, um durch Perspektivenwahl und Blickwinkel, also durch das bewusste Setzen von Schnitten, mehr zu sagen als zu sehen ist. Wie wichtig Hände und Füsse für das Erleben und unsere Entwicklung sind, ....

Übersetzt in die Sprache der Bilder, stellen uns die Arbeiten der Künstlerin solche Reflektionen vor Augen. "Hände können zu Augen werden", schreibt Dirks, sie können also nach innen vermitteln, was sie aussen wahrnehmen..."

 

Textquelle:   Kunsthistoriker Dr. Hermann Ühlein, Mettmann November 2011